Abrahams Post 26

EDITORIAL:
Verantwortung ist nicht die Schuldigkeit der anderen, sondern immer eigene Verpflichtung

Am 24. April 2015 jährt sich zum 100. Mal der Auftakt zu den ungeheuer­lichen Verbrechen an Armeniern und anderen orientalischen Christen, der zugleich zum Fanal für ein Jahrhundert der Völkermorde wurde. Dass auch heute wieder Menschen hingerichtet und ermordet werden, weil ihre bloße Existenz den Mördern ein Dorn im Auge ist, ist eine Herausforderung an uns, weil wir es sind, die Verantwortung für das 21. Jahrhundert tragen.

Diese Verantwortung besteht aber nicht im Fingerzeig auf andere. Gegen das barbarische Gemetzel einer Terrororganisation, die weder ein Staat noch islamisch ist, beziehen allen voran Muslime klar und entschieden Position. Muslimische Stellungnahmen und Aktionen gegen Terror hat es auch in der Vergangenheit regelmäßig gegeben – neu ist, dass unsere Medien beginnen, davon Kenntnis zu nehmen. Gleichzeitig findet im Europa unserer Zeit ein Krieg statt, der mit „zivilisierten Waffen“ Tausende Menschen bedroht und vernichtet. Deren Produk­tion und Verkauf ist eine Säule unseres Wirtschafts­systems, wie Papst Franziskus nicht müde wird anzuprangern.

Der Münchner Rechtsanwalt Hildebrecht Braun hat daran erinnert, wer weiter­hin den weltgeschichtlichen Rekord an Barbarei hält, als er sich unter mehrere Hundert „Bagida“-Demonstranten wagte, mit einem Schild, auf dem stand: „Nicht Muslime, sondern christlich erzogene Deutsche haben 6 Millionen Juden ermordet.“ Daraus resultiert auch die Verant­wortung, jene zu stoppen, die damals wie heute als erstes und am liebsten auf Juden zielen.

Der vor wenigen Wochen verstorbene Altbundespräsident Richard von Weiz­säcker hat es bleibend auf den Punkt gebracht, als er in seiner Rede zum 8. Mai 1985 formulierte: „Die Jungen sind nicht verantwortlich für das, was damals geschah. Aber sie sind verantwortlich für das, was in der Geschichte daraus wird.“

Stefan J. Wimmer


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Berichte zu Veranstaltungen

„Abrahams Prisma“ – Gedanken zu religiösen Symbolen

In unserer losen Vortragsreihe zur Symbolik auf der Stele „Abrahams Prisma“ haben wir am 8. Januar 2015 das Licht thematisiert. Lesen Sie hier zwei Blicke auf diesen Abend.

Peter Hüseyin Cunz „Licht über Licht“

von Yvonne Baur-Saleh

Kostbare Ölleuchten aus Glas, die einst Moscheen in Kairo und Damaskus illuminierten und heute in Museen zu bewundern sind, tragen oft Inschriften mit dem sogenannten Lichtvers, der mit den Worten beginnt: „Gott ist das Licht der Himmel und der Erde. Sein Licht ist einer Nische gleich, in welcher eine Leuchte steht.“ (Koran, Sure 24:35) Ausgehend von diesem Gleichnis sprach Peter Hüseyin Cunz, Scheich des Mevlevi-Ordens, vor rund 60 Besuchern über die Lichtsymbolik im Islam. Dabei konzentrierte er sich auf die Auslegung der Theologen und Mystiker Abu Hamid al-Ghazali und Mevlana Dschalal ad-Din Rumi.

„Das wahrhaftige Licht ist der erhabene Gott und die Anwendung des Begriffs ‚Licht’ auf anderes ist eine reine Metapher und hat keine wahre Bedeutung“, postuliert al-Ghazali, der dem Lichtvers ein ganzes Werk gewidmet hat. In seiner Kosmologie besteht das Universum aus zwei Seinsbereichen: Der Welt der Erscheinungen, der mit den Sinnen wahrnehmbaren Dinge, sowie der Welt des Hintergründigen, des Verborgenen.

Zwischen beiden Welten besteht eine Verbindung, und wir können uns mit Hilfe der Sinne und der Vernunft dafür sensibilisieren, die Welt des Verborgenen zu entdecken. Dazu ermutigt der Koranvers „Und Gottes ist der Westen und der Osten, und wohin ihr euch daher wendet, dort ist Gottes Angesicht.“ (Sure 2:115) Die Existenz des Hintergründigen anzuerkennen sei der erste Schritt zu Gott, sagt Hüseyin Cunz und ruft zu mehr Frömmigkeit im Alltag auf. Für jeden sei Licht jederzeit erfahrbar, ob im Lächeln eines Menschen oder im Staunen über einen Falter. Zwar hätten einige auserwählte Menschen das Licht Gottes geschaut, aber darauf solle der Fokus des gewöhnlichen Menschen nicht liegen. Er warnt vor Sekten, deren Versprechen einer „Erleuchtung“ schon manchen in Abgründe geführt hat. Wer sich ernsthaft auf einen inneren Pfad begebe, brauche eine Wegbegleitung in bewährter Tradition.

„Die Nahrung der Sonne kommt vom Licht des Thrones“, so beschreibt Rumi in seinem Lehrgedicht Mesnevi (2:1088) die Erkenntnis, dass alles Licht, auch das der Sonne, seinen Ursprung im Thron Gottes hat. Und wo ist dieser Thron zu suchen? „Himmel und Erde umfassen Mich nicht, aber das Herz Meines Dieners umfasst Mich“, heißt es in einem außerkoranischen Gotteswort.

Bevor das Herz sich für das Licht öffnen kann, muss es von allen Ablenkungen gereinigt werden. Der Übungsweg des auf Rumis Sohn zurückgehen­den Mevlevi-Ordens legt (wie andere Sufi-Orden auch) Wert auf den sogenannte „Dhikr“, das Wiederholen von Lobpreisungsformeln. In dem Meister Eckhart zugeschriebenen Ausspruch: „Tue zur Seite alles, was nicht Gott ist, und dann bleibt nur noch Gott übrig“, erkennt Hüseyin Cunz genau das, was mit dem Dhikr „La illaha il Allah“ („Es gibt keine Gottheit außer Gott“), das alle Muslime auch im Ritualgebet sprechen, gemeint sei: Das Wegwischen alles Überflüssigen, damit das Herz zum Gefäß für den Erhabenen wird.

Letztlich gilt es, in Demut zu erkennen, dass bei allem aufrichtigen Bemühen die Wahrnehmung des göttlichen Lichts eine Gnade ist. Denn, so fährt der Lichtvers im Koran fort: Licht über Licht – Gott leitet zu Seinem Lichte, wen Er will.“ Muslime beten darum voller Sehnsucht: „Oh Gott, gib Licht in mein Herz, Licht auf meine Zunge, Licht in meine Augen, Licht in meine Ohren. Mehre mein Licht!“

Stele "Abrahams Prisma"Ist die Vorstellung nicht berührend, dass auch der Schöpfer sich nach Seinen Geschöpfen sehnt? Auch dazu fand Mevlana Rumi ein poetisches Bild: „Der Durstige stöhnt: ‚O köstliches Wasser!‘ Auch das Wasser stöhnt und sagt: ‚Wo ist der Wassertrinker?‘“ (Mesnevi 3:4397)

Zahlreiche Durstige gab es an diesem Vortragsabend, wie die Fragen zu Träumen und zu dem Jenseits, das uns erwartet, zeigten. Und sie zeigten auch, dass uns die spirituellen Fragen verbinden. Ein zukunftweisendes Sinnbild für eine abraha­mische Ökumene ist die von Christine Weck geschaffene Stele, wir nennen sie „Abrahams Prisma“, die auf dem Podium stand. Untrennbar mit­ein­an­der ver­bun­den und zugleich in eigen­ständiger Wahr­haftigkeit sind die Motive auf den drei Bild­flächen: Die Menora, der Kelch und die Leuchte in der Nische. Mögen wir authentische Pfade gehen und mit Lichtstrah­len beschenkt werden, so Gott will!

Quellen:
Al-Ghazali, Nische der Lichter, Meiner Verlag, 2013
Moulana Ğ
alal ad-Din Rumi, Das Matnavi, Edition Shershir, 2001
www.mevlevi.ch

Den Vortrag werden wir im nächsten Heft der Blätter Abrahams (15, 2015) veröffentlichen.

Peter Hüseyin Cunz „Licht über Licht“

von Brigitte Hutt

„Licht über Licht“ – mit diesem Koranzitat leitete der Schweizer Mevlevi-Scheich seinen Vortrag ein, in dem er die – wie er betonte – zutiefst humanistischen Lehren des islamischen Mystikers Dschalal ad-Din Rumi erläuterte. Humanistisch ist zugleich das passende Wort, um seine Thesen zu überschreiben:

Gott ist Licht, und das weitgehend unabhängig von jeder Religion. Dieses Licht gilt es zu erreichen, es aufzunehmen, ohne Schatten zu werfen, das ist der Weg des Glaubens. Aber gelingen kann das erst im Zusammenspiel von Diesseits und Jenseits, von sinnenhaft Wahrnehmbarem und Hintergründigem. Viele Wege gibt es zu diesem Ziel, und jeder Mensch ist aufgerufen, in seinem Leben die ganz persönlichen kleinen Dinge zu suchen, die ein Abglanz, ein Vorausscheinen des göttlichen Lichts sein können.

Peter Hüseyin Cunz, Ingenieur, Realist, ein moderner Mensch, der mit jedem Wort tief verwurzelten Glauben ausstrahlt. Ein unglaublich eindrucksvoller „Glaubens­zeuge“. Glaube an einen Gott, der über und mit uns ist – und der über jeder Religion steht.

Vom Senfkorn zum Baum, auf dem viele Vögel ihr Nest finden

von Brigitte Hutt – Nachgedanken zum Hauptvortrag von Dr. A. Renz am 29.01.2015

Das II. Vatikanische Konzil der römisch-katholischen Kirche hat ein bemerkens­wertes Dokument verabschiedet: „Nostra Aetate“, die Erklärung über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen. Hier wird erstmalig der Begriff „Dialog“ für den Umgang mit anderen Religionen benutzt, und hier wird betont, dass jede Religion Wertvolles enthält, dass jede Art von Gottsuche ihre Berechtigung hat, dass jedem auch nicht-christlichen Menschen mit Respekt vor seiner Haltung und Meinung zu begegnen ist. Es wird aufgeräumt mit dem so lange tradierten Vorwurf des „Gottesmordes“ gegen die Juden, es wird deutlich gesagt, dass Christen und Muslime zu dem einen einzigen Gott beten, also klar: zu demselben Gott. Auch anderen Religionen wird in diesem Papier Respekt gezollt, wenn auch knapper.

Zwei Dinge sind daran bemerkenswert.

Zunächst die Entstehungsgeschichte. Es sollte eigentlich eine Erklärung zur Haltung gegenüber dem Judentum werden. Aber schon die Absicht erfuhr heftigen Gegenwind: die arabischen Staaten befürchteten eine neue Gewichtung im Israel-Palästina-Konflikt und deuteten an, die Christen in ihren Ländern nicht mehr schützen zu können. Infolgedessen verschwand die Erklärung zunächst von der vatikanischen Tagesordnung. Doch – spüren wir hier das Wehen des Heiligen Geistes? – sie kehrte zurück: sie wurde ausgedehnt auf die Haltung zum Islam, dann zu anderen Religionen, ja sogar zu anderen Weltanschauungen allgemein. Sie wurde zur Geburtsstunde des Religionsdialogs auf höchster Ebene. „Vom Senfkorn zum Baum, auf dem viele Vögel ihr Nest finden“, so beschrieb Augustin Bea SJ, der mit der Erarbeitung der Erklärung maßgeblich betraute Kardinal, diesen Weg.

Dann die Gegenwart. Sie wirkt nach, diese Erklärung. Sie hat vieles in die Wege geleitet. Mission beispielsweise wurde auf ganz neue Füße gestellt, sollte nun Zeugnis ablegen statt Taufen um jeden Preis. Religionsfreiheit wurde zum Gebot. Die positiven Ansatzpunkte heutiger Akzeptanz, heutigen Dialogs zwischen den Weltreligionen wären nicht möglich ohne Nostra Aetate. Aber wenn man so manche Vertreter der Kirche in unserem Land erlebt in ihrer Haltung zu den hier lebenden Muslimen, so fragt man sich oft genug, ob sie nie etwas von Nostra Aetate gehört haben. Warum ist das nicht ein Pflichtstoff für jeden Priester, der heute und hier eine Gemeinde zu leiten hat? Schöne Worte, aber der Alltag ist anders.

Noch etwas bewegt mich dabei. Es war wichtig, zwischen den Religionen einen Dialog zu beginnen, Dialog statt Kampf. Aber ist es nicht jetzt, fünfzig Jahre später, an der Zeit, einen Schritt weiter zu gehen? Der Dialog der Religionen wird, soweit er öffentlich und auf oberer Ebene geführt wird, mit akademischen Mitteln und unter akademischen Gesichtspunkten geführt. Da werden Trinität, Offenbarung, Prophetentum, Heilige Schriften gegeneinander aufgewogen, zerpflückt, beurteilt, bewertet, geordnet, in Frage gestellt und was dergleichen mehr ist.

Religiöse Menschen aber, und es gibt davon noch immer genug, empfinden Religion, ihre jeweilige Religion, als ein kostbares, heiliges Gut, weder als Wissen­schaft noch als Machtmittel. Jedes akade­mische Zerpflücken geht nicht nur vorbei an den Empfindungen dieser Menschen, es schmerzt sie oftmals auch. Können wir nicht aufhören, für alles und jedes die Religionen verantwortlich zu machen? Alle kulturellen Unterschiede, die zu Missverständnissen, Missverhält­nissen und oft genug zu Kriegen führen (dass dahinter immer auch Machtgelüste stehen, lassen wir hier mal beiseite), sind doch nicht der Religion untergeordnet, sie wird nur mit Begeisterung auf die Fahnen geschrieben. Weil es so praktisch ist, denn Religion ist argumentativ schwer zu fassen, und – weil es immer schon so war. Muss es deshalb auch so bleiben?

Der Dialog der Religionen war ein wichtiger Schritt – jetzt sollten wir den nächsten tun zum „Dialog der Menschen und ihrer Kulturen“. Menschen verschiedener Kulturen haben so viele Themen, über die sie sich verständigen müssen, wenn ein Zusammenleben gelingen soll, darin steckt Arbeit genug für Generationen. Die Religion wird immer ein Teil davon bleiben, aber nicht der oberste und nicht der einzige. Dann können wir vielleicht damit aufhören, Menschen gemäß ihrer Religion mit Negativattributen zu belegen.

Nebel über Bernstorf

von Stefan Jakob Wimmer – in Ergänzung des Tagesausflugs 2014

Das „Mykene im Ampertal“ war (neben der Ahmadiyya-Moschee in Neufahrn und Schloss Hohenkammer) das Ziel unseres Tagesausflugs im Juli 2014 (siehe dazu Abrahams Post Herbst/Winter 2014/15, S. 18). Die bronzezeit­liche Anlage, die auf einem Hügel beim Weiler Bernstorf (Gde. Kranzberg) seit den 1990er Jahren erforscht wird, hat es schon häufig in die Bericht­erstattung von Medien wie „Der Spiegel“, „National Geographic“ u.v.a. und in hochkarätige Ausstellungen („Gold. Magie Mythos Macht“, Archäol. Staatssammlung München 2001; „Gold und Kult der Bronzezeit“, German. Nationalmuseum 2003) geschafft. Innerhalb einer mächtigen Mauer­anlage aus Holz und Erde, die im 14. Jahrhundert v. Chr. in einem gewaltigen Brand unterging, verweisen Funde auf Beziehungen zur Ost­see einerseits und zum Mittelmeerraum andererseits: Unter zahlreichen Bern­stein­objekten sind zwei mit mykenischen Schriftzeichen graviert. 1998 wurden hauch­dünne Gold­bleche entdeckt, die als Gewandapplikationen einer Kultstatue rekon­stru­iert wurden. Ein erst im Frühsommer 2014 eröffnetes kleines, aber hervor­ragend ausgestattetes „Bronzezeit Bayern Museum“ in Kranzberg stellt sie in den Mittel­punkt seiner anschaulichen Dokumentation zu Bernstorf.

Als wir das Gelände vor Ort miteinander besuchten, sprach ich, auch aus eigener Grabungserfahrung, von einem paradoxen Befund: Denn während die verbrannte Mauer beispiellos und ihre Datierung gesichert ist, wurden von einer Besiedlung innerhalb der Anlage selbst trotz jahrelanger Grabungen bisher nur erstaunlich geringe Spuren nachgewiesen. Normalerweise finden Archäologen an besiedelten Ortslagen in großen Mengen gewöhnliche Gebrauchs­keramik (Tonscherben) und andere Hinterlassenschaften des täglichen Lebens, aber nur in sehr seltenen Glücks­fällen sind außer­gewöhn­liche Funde darunter, wie kultische oder beschrif­tete Objekte. Für Bernstorf gilt das Gegenteil: gleich mehrere Sensationsfunde stehen einem unerklär­lichen Mangel an dem sonst üblichen Material gegenüber. Hinzu kommt, dass es Hobbyarchäologen waren, die sowohl die Bernsteinobjekte wie auch die Goldfolien nicht im Kontext der eigentlichen Grabungen selbst, sondern im Abraum der Wald- und Kiesarbeiten vor Ort aufgespürt haben. Das Misstrauen der Fachwelt war daher von Anfang an vorprogrammiert. Bis vor wenigen Monaten galt aber dennoch: Naturwissenschaftliche Unter­suchun­gen an den Objekten haben deren Echtheit bestätigt – die Zweifel angesichts der Rätsel von Bernstorf schienen nicht gerechtfertigt.

Im Oktober 2014 meldeten die Medien dann eine (nicht unerwartete?) Wende. In einem Tagungsband wurden neue metallurgische Untersuchungen an den Gold­funden veröffentlicht („Metalle der Macht. Frühes Gold und Silber“, Fachtagung Halle 2013). War für den ungewöhnlich hohen Rein­heitsgrad des Bernstorfer Goldes bisher eine überraschend hohe Überein­stimmung mit ägyptischem Gold aus der Zeit des Echnaton (14. Jh. v. Chr.) konstatiert worden, was als Hinweis auf Alter und Herkunft der Funde ge­wertet worden war, so ergab die neue Unter­suchung, dass die Bernstorfer Funde mit 99,99% Goldgehalt das altägyptische Raffinationsverfahren, das 99,7% erreicht, sogar noch deutlich übertreffen. Ein solches Ergebnis aber sei aus der Alten Welt nicht bekannt und nur durch moderne Methoden zu erreichen. Bei den Goldfunden von Bernstorf handle es sich nach­weislich um moderne Fälschungen, so der Urheber der Studie Prof. Ernst Pernicka von der Uni Heidelberg. Der Österreicher leitet seit 2005 die Ausgrabungen von Troja, ist zugleich Chemiker und fachlich ausgewiesener Spezialist für Archäo­metrie (naturwissenschaft­liche Verfahren in der Archäo­logie) und gilt somit als anerkannte Koryphäe auf seinem Gebiet. Endlich Klarheit also!

Oder doch nicht? In demselben Tagungsband wird nämlich ein antikes Ver­fahren zur Goldraffination, „Zementierung“ genannt, experimentell überprüft. Die For­scher weisen nach, dass man, wenn diese relativ einfache Methode mehrmals hintereinander angewandt wird, einen Reinheitsgrad von: 99,99% erreicht. Beson­ders merkwürdig: als einer der Mitautoren dieser Studie zeichnet derselbe Ernst Pernicka.

Welches Szenario ist nun weniger plausibel: Ein cleverer Fälscher – als Ver­däch­tiger wird immer wieder der Finder selbst angeführt –, der dem Dekor nach hoch professionell bronzezeitliche Objekte nachzubilden in der Lage ist, der sich (woher?) einen Eichenstab beschafft, der über C14-Datierung aus dem 14.-12. Jh. v. Chr. stammt, um den Teile der Goldfolie gewickelt auf­gefunden werden, verwendet dabei modernes Industriegold? Oder die para­doxe Befundlage vor Ort? Festzustehen scheint hier weiterhin nur eins: Bernstorf bleibt rätselhaft.


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Europa, der Islam und der letzte Winter

Stellen Sie sich vor, Sie wären Muslim/a …
Gedanken zu einem ganz normalen Tag

von Stefan Jakob Wimmer

Stellen Sie sich vor, Sie wären Muslim/a! Wie würden Sie dann einen ganz normalen Tag wie heute, Dienstag den 16. Dezember 2014, erleben? Fassungslos und wütend wären Sie gerade dabei zu verdauen, dass schon wieder ein Verrückter, der sich Muslim nennt, zugeschlagen hat und am anderen Ende der Welt Menschen mit der Waffe zwingt, Ihr Glaubens­bekenntnis an ein Fenster zu halten und dann auf sie schießt. Während Sie, wie so oft in diesem Jahr, in jedem Monat, Woche für Woche mit solchen Gedanken beschäftigt sind, kommt die Meldung, dass Taliban in Pakistan eine Schule überfallen und über hundert Kinder ermordet haben sollen. Bei der bloßen Vorstellung wird jedem Menschen schwarz vor Augen. Hätten Sie noch Kraft, das genauer wissen zu wollen?

Währenddessen sind soeben 15.000 Deutsche aufmarschiert, weil wohl­gemerkt weder der Irre aus Australien, noch die terroristischen Taliban, auch nicht der Wahnsinnsstaat im Irak und Syrien, sondern Sie – als in Deutschland lebende/r Muslim/a – angeblich dabei sind, ein „Abendland zu islamisieren“…

Damit noch nicht genug für heute. Denn von Ihren Politikern in Deutschland bekommen Sie gesagt, dass man solche Ängste ernst nehmen muss.

Ernst nehmen! Wie schön wäre es, in der Tat, wenn diese Ihre Politiker ernst nähmen, wie Sie als Muslim/a in Deutschland sich für diese Gesellschaft, für diesen Staat und seine Wirtschaft, für Ethik und Recht stark machen? Wenn Sie diejenigen viel mehr unterstützen würden, die ernsthaft an den Problemen arbeiten, anstatt Ängste zu äußern, die andere in Wut versetzen, die die nächsten in Hass umsetzen und die übernächsten mit Gewalt austragen.

Ernst nehmen! Was wäre, wenn diese Ihre Politiker diejenigen wirklich ernst nähmen, die tagtäglich ihre Energien für wirksame Integration einsetzen, ob Muslime oder nicht, wenn die vielen konstruktiven, positiven, erfolgreichen Initiativen, die es überall gibt, die sich aber um Mittel und Kapazitäten und allein schon: um Wahrnehmung abstrampeln müssen, von der Politik mit aller Kraft unterstützt und gefördert würden, in jeder Stellungnahme an erster Stelle stünden und dadurch viel, viel mehr ins Bewusstsein der gesamten Gesellschaft gerückt würden?

Als Ihre Münchner Imame vor einigen Wochen eine gemeinsame Erklärung gegen den Irrsinn sogenannter „Islamisten“ vorgestellt haben, die an Ausführlichkeit, Deutlichkeit und Entschiedenheit nichts zu wünschen übrig lässt – wo war da Ihr Bayerischer Innenminister? Was hat er dazu gesagt? Wie oft hat Ihr Ministerpräsident bisher davon gesprochen? Hat der Bayerische Landtag die Imame eingeladen, um ihren Aufruf überall bekannt zu machen? Welche Würdigung hat sich Ihr Land oder wenigstens Ihre Stadt dafür überlegt?

Es ist ja nicht so, dass Sie als Muslim/a Ängste nicht verstünden. In einem Land, dessen schrecklichster Terroranschlag schon vor 34 Jahren von Rechts kam, in dem trotzdem die Sicherheitsbehörden konsequent alle Augen ver­schlossen haben, als Muslime Opfer von rechten Terroristen wurden und in dem immer wieder Muslime, also Sie, als fremd und gefährlich angesehen werden.

Ist das die Schuld der Medien, deren Aufgabe es ja ist, uns alle über Schreckens­­meldungen aus aller Welt auf dem Laufenden zu halten? Zu den Grundsätzen aller seriösen Medien gehört die Ausgewogenheit. Sie als Muslim/a wüssten, was ausgewogen hieße: Wenn vor und nach jeder Meldung über „islamistische“ Gewalt tausend Meldungen über normale Muslime in den Medien erschienen – das wäre ausgewogen. Natürlich, so viel Platz ist in keiner Zeitung und in keiner Nachrichtensendung. Auch nicht für hundert Meldungen über normale Muslime. Vielleicht für zehn? Das wäre noch lange nicht ausgewogen, und zehn Ereignisse, Initiativen, Stellung­nahmen würden sich, wie Sie wissen, leicht finden lassen. Aber – warum erscheint nicht konsequent pro Terrormeldung je 1 positive Meldung über Muslime und Islam in den Medien? Warum?

Wenn Sie Muslim/a wären, würden Sie dann heute, an einem ganz normalen Tag, vielleicht verzweifeln, sich abschotten und in eine Parallelwelt flüchten? Oder würden Sie, vielleicht aus dem Gebet oder der meditativen Koran­rezitation, die Kraft schöpfen, die Sie brauchen, um heute weiter zu machen, das Gute zu tun und das Ihre zur gemeinsamen Zukunft in diesem Land beizutragen? Gott weiß, was der morgige Tag bringt.

Ein heiß-kalter Winter

von Stefan Jakob Wimmer

Als noch mitten im Sommer des vergangenen Jahres das Münchner Forum für Islam ein festliches Ramadan-Fastenbrechen im Saal des Alten Rathauses feierte, stand die Rede von Imam Idriz schon im Zeichen der Schrecklich­keiten, die im Nachhinein wie ein Fanal wirken für das, was im Herbst und Winter folgen sollte. In Nigeria hatten offenkundig Wahnsinnige, die sich selbst „Bildung ist Sünde“, Boko Haram, nennen und dabei „Allahu akbar!“ riefen, Schulmädchen entführt. Dasselbe rufen ihre Verwandten im Ungeist, die wie apokalyptische Reiter über die ohnehin schon zerrütteten Länder Irak und Syrien herfielen und dort scheinbar im Handumdrehen eine Realität schufen, die sie „Islamischer Staat“ nennen. Die entschiedenen Worte, die Imam Idriz für die Verbrechen der Boko Haram verkündete (siehe dazu Abrahams Post Herbst/Winter 2014/15, S. 23), wurden von den Medien noch ignoriert. Das änderte sich langsam, als Imame aus ganz München, wiederum auf Initiative von Benjamin Idriz, in den neuen Räumen des Münchner Forums für Islam die „Deklaration der Imame“ vorstellten, über die immerhin das Bayerische Fernsehen berichtete. Weil wir die Pläne und die Aktivitäten des MFI mit sehr viel Sympathie verfolgen und gerne damit eng verbunden sind, und weil wir als Freunde Abrahams Positionen beziehen und Stellung nehmen wollen, folgt hier eine kurze Chronik über das aufgeregte letzte halbe Jahr.

19. September 2014: „Deklaration der Imame in München“ zum Terror des „I.S.“, mit Aufrufen an die Muslime, an die Politik, an die Gesellschaft. Zum vollen Wortlaut: www.islam-muenchen.de/?s=deklaration+der+imame.

„Ein starkes Zeichen, das es so noch nicht gegeben hat.“ (Süddeutsche Zeitung)

1. Oktober: Die Vollversammlung des Münchner Stadtrats erklärt das „Bürger­begehren“ einer islamfeindlich-extremistischen Gruppierung um Michael Stürzen­ber­ger für unzulässig. In der 14seitigen Begründung der Ablehnung heißt es: „Die Begründung des Bürgerbegehrens zielt darauf ab, durch Desinformationen Ängste gegen das Projekt ZIE-M (jetzt: MFI) und die dahinterstehenden Personen zu schüren und die Initiatoren (und damit mittelbar auch die muslimischen Mitbür­gerinnen und Mitbürger) zu diskredi­tieren, statt notwendige Informationen zu liefern.“ (vollständiger Wortlaut:
http://www.ris-muenchen.de/RII/RII/ris_vorlagen_dokumente.jsp?risid=3435989)

In derselben Sitzung wird gegen die islamfeindliche Hetze der Initiatoren des „Bürgerbegehrens“ die Resolution „Solidarität mit den Muslimen in unserer Stadt!“ angenommen. Darin heißt es: „Wir stehen für ein München, das gemeinsam nach Lösungen sucht, anstatt auf dem Rücken von Minderheiten eine menschen­verachtende Ideologie salonfähig zu machen.“ (vollständiger Wortlaut:
http://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/SITZUNGSVORLAGE/3438569.pdf)

Beide Beschlüsse wurden mit jeweils 1 Gegenstimme angenommen, die von NPD-Funktionär Karl Richter („Bürgerinitiative Ausländerstopp“) kam. Er erhielt für seine Redebeiträge von Michael Stürzenberger Applaus, der mit einer kleinen Gruppe von Anhängern von der Zuschauertribüne aus zusah.

10. Oktober: Auf Anregung von OB Reiter besuchen Mitglieder des Münchner Bündnisses für Toleranz die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in der Bayernkaserne. Die katastrophalen Zustände vor Ort veranlassen den OB zu radikalen Sofortmaßnahmen. Imam Idriz startet noch am selben Tag eine spontane Hilfsaktion unter Muslimen. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger engagieren sich in diversen Einrichtungen für Flüchtlinge, eine Welle der Hilfsbereitschaft bricht los. (siehe auch den ausführlichen Bericht in diesem Heft.)

26. Oktober: In Köln kommt es bei der Kundgebung eines Aktions­bündnisses mit Namen „HoGeSa“ („Hooligans gegen Salafisten“) mit bis zu 5.000 Teil­nehmern zu schweren Ausschreitungen.

14. November: Bei einer weiteren „HoGeSa“-Kundgebung in Hannover mit 3.000 Teilnehmern tritt Michael Stürzenberger als Redner auf.

17. November: Friedensgebet in der Fußgängerzone vor St. Michael. Mehrere Hundert Christen, Muslime und Juden setzen gemeinsam Zeichen für Solidarität und gegen Gewalt und Fanatismus. Das MFI gehört zu den Organisatoren, die Freunde Abrahams zu den Unterstützern.

Dezember: In Dresden formiert sich unter der Bezeichnung „Pegida“ („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“) eine Organisation als eingetragener Verein, die seit Oktober mit wöchentlichen Demonstrationen in Erscheinung tritt, der sich immer mehr Teilnehmer anschließen. Es werden bis zum 22. Dezember nach polizeilichen Angaben 17.500. Zahlreiche Versuche, in ande­ren deutschen Städten nach dem Vorbild der sog. „Pegida“ in Dresden ähnliche Massen­kund­gebungen zu organisieren, verlaufen weitgehend erfolglos.

22. Dezember: Das Aktionsbündnis „Bellevue di Monaco“ initiiert eine Kund­gebung vor dem Bayerischen Nationaltheater unter dem Motto: „Platz da! – Flüchtlinge sind wollkommen! Gemeinsam gegen Pegida, Rassismus & Hetze“. Imam Idriz gehört zu den Sprechern, das MFI und die Freunde Abrahams zu den Unterstützern. Als die Polizei die Zugänge zum Platz wegen Überfüllung sperrt, zählt sie 15.000 Teilnehmer, die Veranstalter 18.000.

7. Januar 2015: Die Terroranschläge von Paris auf die Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt. Am selben Tag erklärt Imam Idriz: „Terror ist die schwerste Form der Gotteslästerung. […] Freie Religions­aus­übung ist nur möglich in einer freien Gesellschaft, in der die Prinzipien eines Rechtsstaates für alle gleich gelten. Deshalb gilt es, die Meinungsfreiheit ebenso zu schützen wie die Religionsfreiheit.“ (vollständiger Wortlaut:
www.islam-muenchen.de/pressemitteilung-zu-terroranschlag-auf-pariser-zeitungsredaktion.html)

12. Januar: In Dresden demonstrieren nach polizeilichen Angaben 25.000 für „Pegida“. – In München demonstrieren 20.000 Münch­nerin­nen und Münchner am Sendlinger-Tor-Platz gegen „Bagida“, für Vielfalt und Miteinander. Feder­führend ist der Verein „München ist bunt!“. Für die Muslime spricht Sokol Lamaj, der Vorsitzende des Muslimrats München. Die Freunde Abrahams und das MFI gehören zu den Unterstützern. Anlass ist die erste Kundgebung des „Pegida“-Ablegers „Bagida“ („Bayern gegen …“), bei dessen Kundgebungen von nun an Michael Stürzenberger regelmäßig in Erscheinung tritt. Anstelle der angemeldeten 300 Teilnehmer werden 1.500 von der Polizei gezählt – eine Rekordzahl für die Pegidasten in einer west­deutschen Stadt. Unter ihnen marschieren Rechtsextre­misten und Neonazis, darunter ein verurteilter Rechtsterrorist. OB Reiter spricht von der „größten Nazi-Demo seit der Wehrmachtsausstellung“.

13. Januar: Der Zentralrat der Muslime in Deutschland organisiert eine Mahn­wache vor dem Brandenburger Tor in Berlin zum Gedenken an die Opfer von Paris. Ayman Mazyek als Zentralratsvorsitzender setzt Zeichen gemeinsam mit Bundespräsident Gauck, Bundeskanzlerin Merkel und zahlreichen weiteren Teil­nehmern, unter ihnen Imam Idriz.

23. Januar: Das MFI eröffnet offiziell seine vorläufigen Räume in der Münchner Altstadt im Beisein von VertreterInnen der Politik, der Kirchen und der Medien, und stellt dabei die Entwürfe des Architekturbüros Alen Jasarevic für das Projekt im Kreativquartier an der Dachauer Straße vor. Das Medienecho ist enthusiastisch! Imam Idriz in seiner Begrüßungsrede: „Wer verstanden hat, was das MFI sein will und sein wird, der wird es, ob Muslim oder nicht, zu seinem ureigenen Anliegen machen.“ Gönül Yerli, die 1. stellvertretende Vorsitzende des MFI, schließt ihre Begrüßungswort mit: „Wir wollen, dass Deutschland stolz ist auf seine Muslime!“

1./2. Februar: Tag(e) der Begegnung im MFI: Die Öffentlichkeit wird eingeladen, sich mit Gemeindemitgliedern des MFI auszutauschen und sich selbst ein Bild vom Architekturmodell und ‑konzept zu verschaffen. Am Montagabend kann sich die MFI-Gemeinde vor Interesse kaum retten – denn gleichzeitig findet die „Friedenskette“ statt.

2. Februar: Besonders eindrucksvoll verläuft die „Münchner Friedenskette“, an deren Planung die Freunde Abrahams von Anfang an eng beteiligt waren. Die Initiatorinnen Beatrix Jakubicka-Frühwald und Gisela Jahn waren durch die „Deklaration der Imame“ (siehe oben, 19. September) angeregt worden, den Gedanken des friedlichen Miteinanders der Religionen aufzugreifen und schmie­deten im Herbst erste Pläne gemeinsam mit Dr. Wimmer von den Freunden Abrahams. Die Entwicklungen der folgenden Monate verschafften der Idee eine imposante Dynamik, es schlossen sich die großen Religions­gemein­schaften und eine lange Liste von Unterstützern an, OB Reiter übernahm die Schirmherrschaft. Ob es dann 15.000 oder mehr gewesen sind, die die Gotteshäuser in der Münchner Altstadt mit Menschen und Lichtern verbanden, dürfte keine Rolle spielen. Für die, die dabei waren, wird das Erleben eines „roten Fadens“ des Miteinanders, der sich durch unsere Stadt zieht, der für Interesse aneinander, Offenheit gegeneinander und Einstehen füreinander steht, unauslöschlich bleiben.

Gerne hätten wir diese Chronik mit diesem Leuchtzeichen abgeschlossen. Doch die Schreckensmeldungen legen keine Atempausen ein. Den Anschlägen von Paris sind inzwischen die von Kopenhagen gefolgt. Der „unislamische Terrorstaat“ (Imam Idriz) überbietet seine eigenen Gräuel durch die bestialisch inszenierte Verbrennung eines Menschen selbst. Und während diese Chronik niedergeschrie­ben wird, kommen die Meldungen von der Enthauptung 21 ägyptischer Christen.

Wenn Sie die Entwicklung des MFI-Projekts verfolgen und begleiten möchten, empfehlen wir den MFI-Newsletter, der in unregelmäßigen Abständen elektronisch erscheint. Eine kurze Mail mit dem Betreff „Bitte Newsletter“ an info@islam-muenchen.de genügt, um in den Verteiler aufgenommen zu werden.

 

Brief an die Koptische Gemeinde

Zum Ausdruck unserer Trauer über die Ermordung von 21 koptischen Geiseln durch „I.S.“-Terroristen in Libyen richteten wir das folgende Schreiben an Pater Deuscoros El-Antony und die Koptische Gemeinde St. Mina.

Lieber, verehrter Abuna Deuscoros, verehrte Koptische Gemeinde in München,

Märtyrer kennt die Koptische Kirche von Anbeginn und durch die Jahr­hunderte ihrer immer wieder angefeindeten Existenz hindurch. Es waren Römer, es waren byzantinische Christen, es waren katholische Kreuzfahrer, es waren Muslime, die Christen in Ägypten verfolgten und ermordeten. Immer wieder waren es Wahnsinnige, die die größte denkbare Sünde begingen, indem sie sich als Menschen über Menschen erhoben und das Leben vernichteten, das Gott geschaffen hat.

Auch die jüngsten Grausamkeiten werden das Christentum, das in Ägypten zuhause ist, nicht schwächen sondern stärken. Mögen die 21 Märtyrer, die
jetzt bei Christus sind, die Menschen am Nil nicht gegeneinander aufbringen, sondern diejenigen vereinen, die dem Bösen standhalten, egal unter welchem Namen und hinter welcher Maske es auftritt. Ägypten, dem die ganze Welt unendlich viel verdankt, hat die Kraft dazu.

In unseren Gebeten, die christliche, islamische, jüdische oder andere Formen haben mögen, sind wir als Freunde Abrahams mit Ihnen verbunden.

koptischer GrussAlle Völker und jede Herde segnest Du,
den himmlischen Frieden lasse über all unsere Herzen kommen!

Die Antwort kam prompt per E-Mail:

Liebe Freunde Abrahams,
Lieber Herr Dr. Wimmer,
Im Namen der Koptisch-orthodoxen Gemeinden in Bayern bedanke ich mich ganz herzlich für das Mitgefühl und die Solidarität, die aus Ihrem Schreiben sprechen und uns sehr gerührt haben. Mehr denn je ist es in dieser Zeit notwendig und tröstlich, zusammenzustehen und für ein friedlicheres Miteinander auf unserer Erde zu beten. Wir glauben und fühlen in der Tat, dass das Blut der Märtyrer uns Lebenden Kraft gibt und unseren Glauben stärkt.

Der Frieden Gottes sei mit Ihnen und uns allen.
Abuna Deuscoros

 

Besuch des Münchner Bündnis für Toleranz in der Bayernkaserne

von Stefan Jakob Wimmer    

Im Anschluss an den Besuch der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in der Bayernkaserne am 10. Oktober 2014 durch die Mitglieder des Münchner Bündnisses für Toleranz, Demokratie und Rechtsstaat – die Medien berichteten darüber ausführlich – bat Oberbürgermeister Reiter die Teilnehmenden um ein Feedback. Unter ihnen waren Imam Benjamin Idriz für das „Münchner Forum für Islam“ und Stefan Jakob Wimmer für die „Freunde Abrahams“.

Im folgenden Schreiben vom 21.10.2014 an OB Reiter fasste Stefan Jakob Wimmer die Eindrücke für beide Institutionen zusammen:

Die Eindrücke, die sich unter „chaotische Zustände“ summieren lassen, sind in der Presse (insbesondere der SZ) ja ausführlich dargestellt worden und müssen hier nicht im Einzelnen wiederholt werden. Die Darstellung entspricht weitestgehend unserer Wahrnehmung.

Besonders hervorzuheben scheint uns die dringende Notwendigkeit, sehr viel mehr Personal vor Ort einzusetzen, das die Betroffenen auch wirklich erreichen kann. StM Spaenle erklärte mir (SJW) vor Ort, spontan darauf angesprochen, dass sich die Flüchtlinge ja nur an „ihre Betreuer“ zu wenden brauchten. Die vielen Menschen, die uns völlig hilflos und allein gelassen auf Arabisch von Missständen erzählten, die man sich in Deutschland eigentlich nicht vorstellen wollen würde, wussten aber überhaupt nicht, dass es für sie „Betreuer“ gäbe, noch wo sie die finden könnten. Und wenn – wie sie sich mit ihnen verständigen könnten. Ohne arabische (und andere) Sprachkenntnisse wird eine „Betreuung“ in vielen Fällen schlicht keinen Sinn machen.

Neben den Sprachkenntnissen ist kulturelle Kompetenz Voraussetzung dafür, dass die Flüchtlinge von ihren Ansprechpartnern überhaupt richtig verstanden werden können.

Bei dem sehr hohen Anteil an Muslimen unter den Flüchtlingen (vermutlich eine Mehrheit), wäre eine entsprechende religiöse „Versorgung“ geradezu entschei­dend. Mit Blick auf die in vermutlich allen Fällen sehr, sehr hohe psychische Belastung, die der Flucht vorausgegangen ist und die die Flucht selbst und nun auch die schwierige Aufnahmesituation in Deutschland für die Betroffenen bedeu­tet, ist seelsorgerische Betreuung mindestens so wichtig wie die Versorgung mit Essen, Decken und einem Dach über dem Kopf. Die Menschen brauchen auch ein Dach und Decken für die Seele. Deshalb sollte auch angesichts der extremen Raumnot nicht unterschätzt werden, wie wichtig und dringend z. B. auch ein muslimischer Gebetsraum in allen entsprechen­den Einrichtungen ist, in denen sich muslimische Flüchtlinge aufhalten.

Längerfristig ist jetzt schon zu bedenken, dass wir hier dabei sind, eine weitere Veränderung unserer Gesellschaftsstruktur in Deutschland zu erleben – von der Größenordnung vielleicht vergleichbar mit der Ankunft der sog. „Gast­arbeiter“ in den 60er/70er und der Kriegsflüchtlinge aus Jugoslawien in den 90er Jahren. Wie hoch der Anteil der Flüchtlinge aus den arabischen und afrikanischen Ländern sein wird, der irgendwann, wenn und falls sich die Situation in den Herkunftsländern wieder einigermaßen beruhigen sollte, dort­hin zurückkehren wird, ist bisher völlig ungewiss. So gut wie sicher ist hin­gegen, dass viele Tausend Menschen dauerhaft in Deutschland, und in München, bleiben werden. Diese Entwicklung sollte (anders als das früher der Fall war) von vorne herein wahrgenommen und ernst genom­men werden und frühzeitig (nicht wie sonst im Nachhinein) aufgegriffen und begleitet werden.

Was die muslimischen Flüchtlinge angeht, kommen sie aus Regionen, wo kulturelle Hintergründe sehr stark auf das Islamverständnis einwirken. Das MFI strebt bekanntlich an, Islam in einem Sinne zu leben und zu fördern, der mit den staatsrechtlichen und gesellschaftlichen Vorstellungen im Europa unserer Zeit uneingeschränkt kompatibel ist. Unser gemeinsames Interesse sollte sein, eine auf ihre Vergangenheit gerichtete, primäre Orientierung von Muslimen an kulturell ganz anders geprägten Herkunftsländern und damit der Förderung von Parallelstrukturen entgegenzuwirken. Deshalb müssten die muslimischen Flüchtlinge frühzeitig aufge­fan­gen und behutsam an die Verhält­nisse in Deutschland – gerade was das musli­mische Leben betrifft – herangeführt werden. Freilich ohne sie vor den Kopf zu stoßen oder ihren Hintergrund in Frage zu stellen. Dafür bedarf es sehr hoher interkultureller Kompetenz ebenso wie langfristig eingesetzter Kräfte.

Das MFI stünde der Stadt München hier als Partner zur Verfügung und würde sich gerne, im Rahmen unserer Möglichkeiten, einbringen.

Hinzufügen möchten wir noch, dass Ihr persönlicher, entschiedener Einsatz in dieser Sache viele sehr beeindruckt hat, auch uns. So wünschen wir uns Politik!

*

Hinweis

Der Münchner Flüchtlingsrat bittet um Sachspenden unter dem Motto „Ein Volk, das seine Fremden nicht ehrt, ist dem Untergang geweiht.“ (Goethe). Sie können sich informieren unter

http://www.muenchner-fluechtlingsrat.de/index.php/Aktuell/Sachspenden
http://www.diakonia.de/fluechtlinge


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Friedensgebet der Religionen

Theologien des Lichts

von Stefan Jakob Wimmer

Das „Friedensgebet der Religionen“ findet jährlich im Rahmen der Veranstaltungen der „Interna­tio­na­len Münchner Friedenskonferenz“ statt, die einen Gegenakzent zur sog. „Sicherheits­konferenz“ setzen möchte, indem sie die Gewichtung auf Fragen nach gewaltloser Konflikt­vermeidung lenkt.

In diesem Jahr fand die gemeinsame Gebetsfeier von Juden, Christen, Muslimen, Bahais und Buddhisten am 8. Februar im Gemeindesaal der Kreuzkirche (Schwabing) statt unter dem Motto: „Lasst unser Licht leuchten“. Die Freunde Abrahams wurden von unserem Vorstandsmitglied Enisa Bilalovic vertreten, die den folgenden Beitrag zu „Theologien des Lichts“ von Stefan Jakob Wimmer verlas:

Wenn wir uns am Licht orientieren wollen – deshalb ist das Wort „orientieren“ von „Orient“, „Osten“ abgeleitet – schauen wir nicht in Richtung Abendland,
um das sich eher orientierungs-lose Mitmenschen gerade Sorgen machen,
sondern wir schauen dahin, wo das Licht herkommt: ex oriente, aus dem Osten!

Wir Freunde Abrahams schauen auch gerne weit zurück in die Geschichte,
in den Alten Orient, weil wir dort so vieles aufspüren können, das an die gemeinsamen Wurzeln der Religionen rührt und das uns Brücken ins Hier und Heute schlagen lässt.

Schön erscheinst Du
am Horizont des Himmels,
Du lebende Sonne, die das Leben bestimmt!

So besingt der ägyptische Pharao Echnaton vor 33 Jahrhunderten den Sonnen­aufgang – und wer heute bewusst die Sonne aufgehen sieht, erlebt nichts anderes.

Echnaton hat nicht, wie man manchmal liest, den Monotheismus erfunden. Er hat im Licht der Sonne die Liebe seines Gottes, den er Aton nannte, gesehen. Und war dann, anders als viele Priester seiner Zeit und Umwelt, davon überzeugt, dass dieses Licht und damit Gottes Liebe, allen Menschen leuchtet, gleicher­maßen, dass nicht die Anhänger der einen Gottheit über den Anhängern einer anderen Gottheit zu denken seien.

Du bist aufgegangen im Osten
und hast jedes Land mit Deiner Schönheit erfüllt.
Deine Strahlen umfassen die Länder
bis ans Ende von allem, was Du geschaffen hast
. …
Wie zahlreich sind Deine Werke …

Eine Theologie des Lichts war es, die Echnaton entwickelt hat und – allerdings erfolglos – gerne der Welt hinterlassen hätte. Es muss gar nicht sein, dass Echnatons Gesänge noch bekannt waren, als in Jerusalem der 104. Psalm gedichtet wurde, in dem es heißt:

Wie zahlreich sind Deine Werke, Herr,
alles hast Du mit Weisheit gewirkt. …
Du bist sehr groß,
der das Licht um sich schlingt wie ein Tuch …

Das Licht wirkt auf den Psalmisten nicht anders als auf den ägyptischen König
und es wirkt unverändert weiter. Franz von Assisi hat ausgerufen:

Gelobt seist Du, mein Herr, mit allen Deinen Geschöpfen,
zumal dem Herrn Bruder Sonne,
welcher der Tag ist, und durch den Du uns leuchtest.
Und er ist schön und strahlend in großem Glanze,
Dein Sinnbild, oh Höchster.

Und ebenso nennt der Koran Gott:

Licht über Licht! …

Siehst Du denn nicht, dass Gott lobpreist, wer in den Himmeln
und auf Erden ist…
Jedes Geschöpf kennt sein Gebet und seine Lobpreisung.

Wie solche Theologien des Lichts uns zusammenführen können, zeigt die erstaunliche Ähnlichkeit von Aussagen Echnatons:

Die Zungen (der Menschen) sind verschieden durch die Sprachen,
und ebenso ihr Wesen
und ihre Hautfarben sind verschieden.
Du unterscheidest die Völker!

mit solchen des Korans:

Zu Seinen Zeichen gehört
die Verschiedenheit eurer Sprachen
und eurer Hautfarben.

Ihr Menschen –
Wir … machten euch zu Völkern und Stämmen,
damit ihr einander kennenlernt!

Dass unsere Pluralität, die Vielfalt unter den Menschen, nach Ethnien und eben auch nach Religionen, kein Missstand ist, der zu überwinden sei, sondern Gottes Absicht und Wille, Sein Geschenk an die Menschen, das uns erst ermöglicht, aufeinander Bezug zu nehmen, voneinander zu lernen und miteinander zu leben – das mögen die einen Erleuchtung, die anderen Aufklärung nennen, wir nennen es Orientierung am Licht und damit an der Liebe Gottes.


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Lichter im Dunkel

Berufsschulpflichtige Asylbewerber und Flüchtlinge

Das Kürzel UMF beginnt zum neudeutschen Alltag zu gehören. „Unbegleitete minderjährige Flücht­linge“ – dahinter verbirgt sich das Grauen auseinandergerissener Familien, aber auch die Hoffnung so mancher Eltern in Krisengebieten, dass, wenn sie ein Kind, einen Sohn nach Europa schicken können, wenigstens dieser eine bessere Zukunft haben wird. OStD Wolfgang Gaigl, Schulleiter der Staatlichen Berufsschule I Mühldorf am Inn, schreibt uns dazu von seiner Arbeit. Für die Vermittlung dieses Beitrags danken wir Vorstands­mitglied Dr. Georg Gafus aus Mühldorf.

Bereits im Schuljahr 2012/13 beschulte die Staatliche Berufsschule I Mühldorf am Inn in enger Kooperation mit dem Berufsbildungswerk Don Bosco in Waldwinkel 22 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in den Räumen der Berufsschule Waldwinkel. Diese Klasse setzte sich aus Schülern mit neun verschiedenen Her­kunfts­ländern zusammen. Sie kamen zum größten Teil aus Afghanistan und dem Iran, aber auch aus den schwarzafrikanischen Ländern Somalia, Ghana, Nigeria, Sierra Leone, Uganda, Burkina Faso und Kamerun.

Im Schuljahr 2013/14 unterrichteten wir drei Klassen mit 61 berufsschulpflichtigen Asylbewerbern und Flüchtlingen (BAF): An der Berufsschule I in Mühldorf eine Vor­klasse zum Berufsintegrationsjahr und in den Räumen der Berufsschule in Wald­winkel eine Vorklasse und ein Berufsintegrationsjahr. Es sind noch Schülerinnen und Schüler aus Syrien, Pakistan, Tschetschenien und Ägypten dazugekommen.

Um in das Berufsintegrationsjahr aufgenommen zu werden, müssen die berufs­schul­pflichtigen Asylbewerber und Flüchtlinge zwischen 16 und 21 Jahren alt sein, mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache haben und im Landkreis Mühldorf oder Altötting wohnen. Die Einteilung der Schülerinnen und Schüler in die jeweilige Klasse erfolgt auf der Basis von Eingangstests zu Beginn des Schuljahres.

Die Beschulung erfolgt prinzipiell in einem 2-stufigen System:

  • 1. Jahr: Vorklasse zum Berufsintegrationsjahr → BIJ-V
  • 2. Jahr: Berufsintegrationsjahr → BIJ

Sowohl BIJ-V als auch BIJ wurden über den Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert.

Der Unterricht ist so organisiert, dass sich die Staatliche Berufsschule I Mühldorf a. Inn und ihr Kooperationspartner die Aufgaben teilen. Dabei sind die Schülerinnen und Schüler täglich im Unterricht, um hauptsächlich die deutsche Sprache zu erwerben und sich je nach Lernfortschritt und Klassenart durch Praktika beruflich zu orientieren. Die Jugendlichen sollen dabei die Ausbildungsfähigkeit erreichen und für den bayerischen Arbeitsmarkt zu Facharbeitern ausgebildet werden.

Die sozialpädagogischen Betreuungsstunden erfolgen durch den Kooperations­partner und sind flexibel und abhängig vom Bedarf, denn die Jugendlichen werden auch dabei unterstützt, sich in unserer Gesellschaft zurechtzufinden.

Im laufenden Schuljahr 2014/15 konnten wir unser Angebot nochmals erweitern und unterrichten nun in 2 BIJ-V- und 2 BIJ-Klassen etwa 80 berufsschulpflichtige Asylbewerber und Flüchtlinge.

Unsere Erfahrungen zeigen, dass alle unsere Schülerinnen und Schüler sehr anständig und lernwillig sind, wenig Berührungsängste zeigen und durch das intensive Lernen schon in kurzer Zeit große Fortschritte machen. Wir gehen davon aus, dass wir künftig pro Jahrgang ein Potential von etwa 40 jungen Menschen dem Ausbildungs- bzw. Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen können.

Grünhelme für das Miteinander der Religionen

Mit dem internationalen und religionenübergreifenden Friedenscorps Grünhelme, gegründet von Rupert Neudeck (Mitglied im Kuratorium der Freunde Abrahams), sind die Freunde Abrahams gut befreundet. Wir dürfen hier zwei Berichte, über ein Projekt in Ruanda und eine Reise nach Irakisch-Kurdistan, in leicht gekürzter Fassung übernehmen.

Erste „Kirchen-Moschee“ der Welt in Ruanda

von Till Gröner (Grünhelme e.V.)

Im Ruandischen Gitarama-Gefängnis für Völkermord-Verbrecher bauen die Grün­helme aus Kaufbeuren nach einem Therapiezentrum für traumatisierte Täterinnen und einem Kindergarten für unschuldig im Gefängnis lebende Jungen und Mäd­chen nun das zweite Gebäude für das Versöhnungszentrum „Amahoro“ (Frieden) von Eugenie Musayidire.

Dieses Multifunktionsgebäude wird hauptsächlich der Herstellung von besonderem Ruandischem Kunsthandwerk dienen, das den Müttern die Möglichkeit eines eigenen Einkommens schaffen soll – im Gefängnis und nach einer möglichen Entlassung auch in Freiheit.

An den Wochenenden wird das Haus darüber hinaus allen hier vertretenen Reli­gions- und Konfessionsgruppen als Gebetshaus dienen. Zum ersten Mal und nur hier im Gefängnis von Gitarama werden dann Christen und Muslime ein- und denselben Raum für ihre jeweiligen „Gottesdienste“ nutzen.

Wirtschaft, Infrastruktur und Kultur blühen. Sicherheit, Frieden und das niedrige Korruptions-Niveau sind afrikanische Spitzenklasse. Und an der kollektiven Verar­beitung des grausamen Völkermords wird nach wie vor gewissenhaft gearbeitet. Nur an einer Stelle scheint in Ruanda immer noch große Ungerechtigkeit zu herrschen: Im Gefängnis.

Hier leben Kinder, die für die Verbrechen ihrer Mütter büßen und in engen Zellen unter Mördern aufwachsen müssen, statt mit ihrer kindlichen Neugier das Leben in Freiheit zu erforschen. Neben ihnen leben Frauen, die sich im Gegensatz zu den eingesperrten Männern nicht frei im Gefängnis bewegen dürfen, damit keine Gefängnisbeziehungen entstehen. Und selbst die inhaf­tierten Männer können einem leidtun: vor 20 Jahren lebenslang für Verbrechen verurteilt, in die fast 90 % der Bevölkerung verwickelt waren, haben diese heute oft sehr freundlichen Männer kaum eine Chance auf Vergebung. Sowohl innerhalb des Gefängnisses als auch nach ihrer Freilassung werden die Sträflinge, egal ob Kinder, Frauen oder Männer, für ihre Vergangenheit im Gefängnis geächtet, und der Weg zurück in die Gesell­schaft wird noch schwerer als er ohnehin schon ist. Zudem bedauern die Gefan­genen sehr, dass es für Sie auch auf religiöser und spiritueller Ebene kaum Mög­lichkeiten gibt Trost und Hoffnung zu finden. Noch nie gab es hier im Gefängnis von Gitarama auch nur das kleinste Gotteshaus. Für mehr als 3000 Gefangene fallen somit jedes Mal dann Gottesdienst und Freitagsgebet aus, wenn es regnet oder wenn die Sonne zu sehr scheint – zwei nicht gerade seltene Wetterphäno­mene hier unter dem Äquator und am Rande des Regenwaldes.

Dank Eugenie Musayidire und ihrer Idee für das Versöhnungszentrum „Amahoro“ können wir Grünhelme seit 2011 an ihrer Seite für die Verbesserung der Zustände im Gefängnis arbeiten. Das erste von uns Grünhelmen im Gefängnis gebaute Haus beherbergt einen Raum für die Therapie der traumatisierten Frauen sowie einen Kindergarten für die Jungen und Mädchen, die erst im Alter von 3 Jahren in Pflegefamilien außerhalb des Gefängnisses untergebracht werden.

Nun träumt Eugenie M. von einem zweiten Gebäude, um den gefangenen Müttern Kurse für Kunsthandwerk anzubieten. Mit dem Erlös aus den hergestellten Produkten lassen sich dann die Lebensbedingungen der Kinder verbessern, und mit den hier erlernten Fähigkeiten können die Frauen später in Freiheit schon vom ersten Tag ihres neuen Lebens an für ihre Kinder sorgen. Auch Therapiearbeit in großen Gruppen wird in diesem Multifunktions­gebäude möglich sein.

Weil wir uns den Dialog zwischen Christen und Muslimen auf unsere Grünhelm-Fahne geschrieben haben, freuen wir uns zudem sehr, dass der große Raum an arbeitsfreien Tagen auch von den unterschiedlichen Religions- und Konfessions­grup­pen genutzt werden kann. Neben den Vertretern der fünf größten Glaubens­richtungen im Gefängnis (Katholiken, Muslime, Protestanten, Adventisten und Pfingstkirchler) sind auch der örtliche Imam und der verantwortliche Bischof von diesem Projekt begeistert. Letzterer muss bei der Päpstliche Synode zweifelsohne zu den moderneren Bischöfen gehört haben, so selbstverständlich scheint ihm die spannende Idee eines einzigen Raumes, in dem Christen und Muslime ihren bekanntlich gleichen Gott lobpreisen.

Gemeinsam mit den verschiedenen Nutzern dieses Gebäudes haben wir dessen einzigartige Form entworfen: Der große Raum wird großzügig natürlich beleuchtet und ist frei von Stützen, damit Arbeit und Gruppentherapie in allen erdenklichen Formen möglich ist. Auf einem sowohl quadratischen Moschee-Grundriss und einer traditionell langgezogenen Kirchen-Grundform richtet sich das Gebäude gleichzeitig nach Mekka und in den Sonnen­aufgang, von wo aus Jesus am jüngsten Tag auf die Erde zurückkommen wird. Eine Gebetsnische für den Imam und ein buntes Ostfenster hinter der kirchlichen Altar-Wand sowie unterschiedliche Fassaden geben zarte Hinweise auf den religiösen Charakter der beiden ineinan­der verschmolzenen Gebäu­de. Die interpretierten Gotteshäuser lassen sich also erahnen, ohne dass Symbole der ein- oder anderen Glaubensrichtung verwendet werden müssen.

Auf das Gebäude setzen wir ein vielfach gestaffeltes Dach mit großen Oberlichtern – so kommt viel Helligkeit für alle unterschiedlichen Nutzungen ins Innere, und wie in den meisten sakralen Gebäuden verschwimmt der Übergang zwischen Wand und Decke. Der Boden richtet sich mancherorts nach dem Grundriss der Kirche, an anderer Stelle orientiert er sich an der Ausrichtung der Moschee. Dazwischen muss er sich genau wie alle späteren Nutzer arrangieren.

Wir freuen uns sehr, dass der erfahrene Grünhelm Gunther Beier schon Anfang November mit dem Allgäuer Schreiner Nico Döring und dem Londoner Architekten Sebastian Barrett zum Start der Bauarbeiten nach Ruanda fliegt. Zusammen mit einem Team aus 20 Gefangenen wollen wir das Gebäude schon im kommenden Frühling fertigstellen.

 

Der einzige Staat mit Koexistenz für alle Religionen ist noch keiner
Impressionen und Erfahrungen aus dem nordirakischen Kurdistan

von Rupert Neudeck (Grünhelme e.V.)

Kurdistan im Nordirak ächzt unter den Belastungen der Terror- und Kriegs­situation in den benachbarten Staaten Irak und Syrien. Der neue Staat, der das de facto mehr ist als de jure, hält sich tapfer an seine Verpflichtungen und ist stolz auf seine einzigartige Koexistenz: Menschen aller Religionen des Nahen Ostens wurden hierhin vertrieben und dürfen hier ihren Gottesdienst feiern und ihre Kirchenführer unterbringen. Was wir Westler so leicht unter­schätzen: Für die Masse der nach Kurdistan über Nacht hineinkommenden Flüchtlinge ist ihre Religion und sind ihre Gebete sehr wichtig, wesentlich möchte man sagen, um den Unterschied zum zivilen Leben in unseren Ländern auszudrücken.

Ich hielt mich einige Tage in der Hauptstadt Erbil und in der westlichen Provinz Dohouk auf, die die meisten Flüchtlinge akzeptieren musste. Aber auch in den anderen beiden Regionen, Erbil und Sulaimanya, gibt es Flücht­linge. Und zwar hat der kurdische Staat nicht unterschieden: Es sind arabische und in der Hauptmasse kurdische Flüchtlinge, es sind schiitische, jezidische, christliche, sunnitische Kurden, die hier alle aufgenommen wurden. Eine Bevölkerung von Kurdistan von 5,3 Mil­lionen Menschen hat eine Zahl von jetzt knapp 2 Millionen Menschen aus den Gebieten des Irak und Syriens aufgenommen. Klaglos.

Sie wollten sich nur erst einmal in Sicherheit bringen. Ich bin froh, dass meine Bundesregierung ganz schnell diese Waffen dorthin geschickt hat, denn dadurch ist der Vormarsch einer der düstersten Terroristenheere der Welt von Kurdistan abgehalten worden. Die Führer der kurdischen Seite, auch ein General der Peschmergas, den wir trafen, haben uns gesagt, dass das ohne die deutschen Waffen nicht möglich gewesen wäre. Drei Grünhelme haben einen Besuch in Sindjar geschafft, um zu erkunden, wie viele von den Kurden dort noch in den Bergen aushalten. Es sind Tausende, die dort in der Kälte ausharren. Deshalb haben die Grünhelme gleich einen ersten Transport für über 20.000 USD mit Decken und Matratzen organisiert, damit die Familien und Menschen dort nicht erfrieren. Die Schweizer Organisation „Aramaic Relief“ hat sich uns daraufhin angeschlossen und für 15.000 USD Lebensmittel geliefert.

Die einzige gute Nachricht, die ich aus der Region bringen kann: Die ganz große Kälte und der Schnee sind vorbei, wir hatten in den Lagern um Dohouk und Zackho strahlende Sonne und Temperaturen von tagsüber 17 Grad. Gott sei Dank für die Menschen. Ich ging durch ein großes Flüchtlingslager in Khanke für 3200 Familien. Danach kamen wir durch vier kleinere Flüchtlings­agglomerationen in der Nähe der dörflichen Bevölkerung. Die materielle Versorgung ist durch einen großen Gewaltakt zwischen den UNO-Behörden und der kurdisch-irakischen Regierung gesichert worden. Viele kleinere Organisationen haben dabei auch mitgewirkt. Vor Ort sind die Caritas, aber auch die deutsche Welthungerhilfe, das Diakonische Werk.

In dem großen Lager in Khanke trafen wir auf verzweifelte Menschen, die uns ihr Leid klagten. Sie leben jetzt in einem generalstabsmäßig angeordneten Lager, sie bekommen die notwendigen Kalorien um zu überleben, sie haben Toiletten und sanitäre Anlagen und Duschen. Aber es fehlt Ihnen etwas Entscheidendes: Sie haben keine Möglichkeit, jemanden anzusprechen. Es gibt kein Zentrum im Lager, in dem diese sehr gläubigen Menschen beten und ihre Versammlungen abhalten können. Wir haben mit dem Bürgermeister von Erbil gesprochen und gebeten, dass die Grünhelme und die Kurdische Gemeinde in Deutschland dafür sorgen, dass in jedem großen Lager in einem geheizten Zelt ein Zentrum entsteht. Dort sollte jeden Morgen eine Wandzeitung aufgehängt werden, in der den Flücht­lingen auf Kurdisch die Fortschritte der Peschmerga im Kampf gegen den IS berichtet werden. Aber z.B. auch über die Erkundungen der Grünhelme bei ihren Fahrten nach Sindjar sowie über den kommenden Besuch eines deutschen Politikers und/oder eines deutschen Bischofs sollte berichtet werden. Dieses Zentrum wird am Vormittag eine Informationsstunde mit den Ältesten des Lagers durchführen.

Die Phantasie westlicher Organisationen und der UNO reicht nicht aus sich vorzustellen, dass der Mensch und der Kurde nicht vom Brot allein lebt, sondern auch von der Hoffnung. Eine Zuversicht, die ihm dadurch gegeben wird, dass ihm berichtet wird, dass da erste Lieferungen mit gekauften Hilfsgütern in seine Heimatregion gegangen sind, das Massud Barzani sich an der Front befindet und dass die Peschmergas dabei sind, sich auf weitere Geländegewinne in der Heimatregion der Flüchtlinge zu kaprizieren.

Eine zweite gute Nachricht aus Kurdistan. Die gemeinsame Aktion von Bundesregierung und NGOs hat den Kurden das Gefühl gegeben, dass sie bei diesem Kampf nicht noch einmal verraten und verloren sind, sondern dass sie in uns Deutschen einen Partner haben. Die Kurden sind ein betrogenes, verspätetes Volk. Ihnen wurde 1920 im Friedensvertrag von Sèvres ein eigenständiger Staat versprochen, den es bis heute nicht gibt. Auch beim Einmarsch im Irak wegen der Einverleibung Kuwaits geschah nichts für die Kurden. Die UNO-Resolution 688 von 1991 legte dann den Grundstein für die drei Kurdenprovinzen Dohouk, Erbil und Sulaimanya. Seit dem Sturz Saddam Husseins im April 2003 bauten die Kurden ihre Zone beständig aus, verzichteten auch auf die üblichen inneren Rivali­täten, die zuvor ja manchmal in Kämpfen der rivalisierenden Peschmerga-Gruppen endeten.

Wir brauchen bei dieser Arbeit die deutschen Kurden. Ohne die (jetzt) zwei kurdischen Frauen aus Deutschland, die für uns übersetzen, könnten die Grün­helme die Arbeit nicht machen. Wir brauchen noch viel mehr erfahrene und aus­gebildete junge und ältere deutsche Kurden, die diese Zentren und Versamm­lungs­zentren in den großen Lagern mit organisieren und die bereit sind, in Zelten und Containern inmitten dieser Lager zu wohnen.

Das Ent­schei­dende nach der Phase der materiellen Sicherstellung der Lager ist jetzt, dass die Flüchtlinge etwas für ihr Herz, ihre Seele bekommen. Sie brauchen Informationen, sie brauchen die Zuversicht der Geberländer und Europas, dass sie wieder zurückkehren werden, wenn nicht in Wochen, dann in Monaten. Solche Nachrichten sind Nahrung für die Seele der Flüchtlinge. Wir sollten ihnen diese Nahrung schenken. (31.1.2015)

 

Sarajewos Wahrzeichen wurde wiedereröffnet

von Stefan Jakob Wimmer

2008 besuchten die Freunde Abrahams Sarajewo, „die Seele Europas“. Das Wahr­zeichen der Stadt, ein unter österreichisch-ungarischer Herrschaft in maurischem Stil erbautes prächtiges Gebäude am Ufer der Miljacka, war damals noch Ruine, Aufbauarbeiten waren gerade in Gang. Als kleines Dankeschön, dass unsere Gruppe von der Oberbürgermeisterin Semiha Borovac empfangen und zum Essen eingeladen worden war, sandten wir für die Wiederaufbauarbeiten einen symbolisch gemeinten Betrag von 500 Euro.

Am 9. Mai 2014 wurde das Vijećnica genannte Bauwerk nun feierlich wieder­eröff­net, wenn auch, wie es heißt, die Arbeiten auch jetzt noch nicht voll­ständig abge­schlos­sen sind. Und zu unserer großen Überraschung hatte ich von der Stadt Sarajewo für die Freunde Abrahams eine Einladung zu dem Festakt erhalten – offenbar wegen unserer doch recht bescheidenen damaligen Spende! Zu meinem großen Bedauern war mir die Teilnahme aber terminlich nicht möglich, und den weiteren Mitgliedern des Vorstands erging es genauso. Deshalb können wir von dem Ereignis leider nicht aus erster Hand berichten. Der österreichische „Standard“ schrieb: „Die Wieder­eröffnung der Vijećnica am Freitagabend war in mehrerlei Hinsicht richtig bosnisch: Es wurde alles in letzter Minute gemacht, vieles improvisiert, alles lief dann doch wieder gut …“

Als Rathaus erbaut, diente der Prachtbau in der jugoslawischen Zeit als Nationalbibliothek von Bosnien und Hercegowina. Deshalb wurde er 1992 gleich zu Beginn des Krieges von Serben in Brand geschossen – mit verheerenden Folgen, mehr als 2 Millionen Bücher verbrannten. Damals entstand das Bild des „Cellisten von Sarajewo“, Vedran Smailović, der in den Ruinen der Bibliothek musizierte (siehe dazu auch die Abrahams Post, Sommer 2009). Insgesamt kostete der Wiederaufbau, wie es jetzt heißt, 10 Millionen Euro. Der größte Teil wurde von der EU übernommen, Spenden kamen auch von den Nationalbiblio­theken von Österreich und – ein besonders starkes Zeichen – von Serbien. Die Vijećnica soll nun wieder als Nationalbibliothek und für Teile der Stadtverwaltung genutzt werden.

Die Freunde Abrahams sollten dem Bauwerk, dem ganzen so leidgeprüften und so bemerkenswerten Land und seinen Menschen auch weiterhin verbunden bleiben.


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Die gute Nachricht – gute Nachrichten

Prof. Kuschel in den Stiftungsrat „Friedenspreis des Deutschen Buchhandels“ berufen

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels beruft den Theologen und Literaturwissenschaftler Karl-Josef Kuschel, Mitglied im Kuratorium der Freunde Abrahams, in den Stiftungsrat des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels. Der Stiftungsrat hat die Aufgabe, den Friedenspreisträger oder die Friedenspreis­trägerin des jeweiligen Jahres zu benennen.

Karl-Josef Kuschel war von 1995 bis 2013 Professor für „Theologie der Kultur und des interreligiösen Dialogs“ an der Universität Tübingen. Sein Forschungsinteresse gilt der Theorie des interreligiösen Dialogs mit Fokus auf Judentum, Christentum und Islam sowie der „Theorie der Kultur“ über die Wechselwirkungen von Literatur und Theologie.

Für seine Forschungen und Veröffentlichungen ist Karl-Josef Kuschel mit zahlreichen Preisen geehrt worden, unter anderem mit dem Integrationspreis für Verdienste um den interkulturellen und interreligiösen Dialog durch die Stiftung „Apfelbaum“ (2011) und mit dem Herbert-Haag-Preis (2010), der an Personen verliehen wird, die sich für Freiheit und Menschlichkeit innerhalb der Kirche einsetzen. (Presseinformation vom 27.01.2015)

Kleine Schritte im Heiligen Land

von Stefan Jakob Wimmer

In der Abrahams Post Herbst/Winter 2013/14 haben wir vom Tod des Rabbiners und unkonventionellen Friedensaktivisten Menachem Froman berichtet. Obwohl er selbst in einer Siedlung im besetzten Westjordanland lebte, unter­hielt er enge Kontakte zur PLO und zu Hamas – und glaubte daran, dass es die Religiösen auf beiden Seiten sein müssten, nicht die Politiker, die den Frieden schmieden werden. In der unter Siedlern renommierten Jeschiwa (Religionsschule) von Otniel nahe Hebron, in der auch Rabbi Froman gelehrt hatte, wurde nun im November 2014 der aus Ägypten stammende islamische Religionsgelehrte Scheich Omar Salem zu einem Austausch empfangen. Eingeladen hatte ihn Rabbi Jakov Nagen, der den Weg von Rabbi Froman weiter beschreiten möchte. „Auch ein weiter Weg wird mit kleinen, einzelnen Schritten begangen“, sagte er dazu. Der Scheich, der in den USA lebt und lehrt, erklärte den staunenden, vorwiegend weit rechts orientierten Zuhörern: „Wir sind doch alle Kinder Gottes, egal ob wir ihn Ha-Shem oder Allah nennen. Wenn wir anfangen, unsere Religionen gegenseitig zu respektieren, Synagogen und Moscheen gleichermaßen zu achten, und uns gemeinsam bemühen, den Willen Gottes zu erfüllen, dann werden wir erkennen, dass der Streit zwischen uns schlicht überflüssig war.“

Kölner Dom wirbt mit Nostra Aetate für Religionsfreiheit

Das Kölner Metropolitankapitel hat mit dem Ausschalten der Außenbeleuchtung des Kölner Domes am 5. Januar 2015 ein einmaliges Signal gegen „‑gida“-Bewegungen gesetzt. Für die kommenden Wochen wurde dann auf der Bahnhofsseite des Domes ein Plakat angebracht, auf dem aus der „Erklärung über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen“ des II. Vati­ka­nischen Konzils zitiert wird: „Die Kirche verwirft jede Diskriminierung eines Menschen und jeden Gewaltakt gegen ihn um seiner Rasse oder Farbe, seines Standes oder seiner Religion willen, weil dies dem Geist Christi widerspricht.“ (Nostra aetate / 28. 10. 1965)

Quelle: http://koelner-dom.de


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BUCHTIPPS

Volker Meißner, Martin Affolderbach, Hamideh Mohagheghi, Andreas Renz (Hgg.):
Handbuch christlich-islamischer Dialog. Grundlagen – Themen – Praxis – Akteure

Erfahrungen und Erkenntnisse aus den letzten fünf Jahrzehnten in vielen Feldern christlich-islamischer Zusammenarbeit werden in diesem Handbuch systematisch, kompakt und so praxisrelevant wie möglich gebündelt und einem großen Leserkreis zugänglich gemacht. Es bietet Hilfestellung und Orientierung für alle am christlich-islamischen Dialog Interessierten.

Schriftenreihe der Georges-Anawati-Stiftung Bd. 12
Herder Verlag, Freiburg 2014, 496 S., ISBN 978-3-451-33337-8, 29,99 EUR

Manfred Görg: Mythos, Glaube und Geschichte
Die Bilder des christlichen Credo und ihre Wurzeln im alten Ägypten

Vor über zwanzig Jahren zum ersten Mal erschienen (1992 bei Patmos), wurde „Mythos, Glaube und Geschichte“ das vielleicht bekannteste Buch von Manfred Görg. Sein meisterhaftes Nachspüren alt­ägyp­tischer Wurzeln zu sämtlichen Sprachbildern des christlichen Glau­bens­­bekenntnisses wurde mehr­fach aufgelegt und war doch immer wieder vergriffen.

Der Edition Avicenna ist zu verdanken, dass es jetzt wieder verfügbar ist!
Der Nachdruck der Ausgabe von 2005 ist mit einem Vorwort von Stefan Jakob Wimmer und mit Informationen über die Freunde Abrahams versehen.

Ein Muss für alle, die das Christentum verstehen wollen, Ägypten verstehen wollen, oder zumindest die Freunde Abrahams verstehen wollen …

Edition Avicenna, München 2014, 144 S., ISBN 978-3-941913-74-5, 14,- EUR

„Vom Leben umfangen“
Ägypten, das Alte Testament und das Gespräch der Religionen
Gedenkschrift für Manfred Görg

Die wissenschaftliche Gedenkschrift für Manfred Görg, herausgegeben von Stefan Jakob Wimmer und Georg Gafus im Auftrag der Freunde Abrahams, sammelt Beiträge von 64 renommierten Wissenschaftler/-innen und Weg­gefährten aus vielen Ländern, die sich bereitgefunden haben, das breit gefächerte Wirken Manfred Görgs in den Bereichen „Bibel und Theologie“, „Ägypten und der Alte Orient“ und „Die abrahamischen Religionen im Gespräch“ mit eigenen Arbeiten zu würdigen.

Das stattliche Werk erscheint als Band 80 der von Manfred Görg ge­gründeten und jetzt von Stefan Jakob Wimmer und Wolfgang Zwickel herausgegebenen Reihe „Ägypten und Altes Testament“ und ist neben der Druckedition auch als E-Book erhältlich.
Ugarit-Verlag, Münster 2014, 648 S., ISBN 978-3-86835-119-4, 144,- EUR

 


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